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Bestatter in Deutschland

Würdige Aufbahrung und letzter Abschied auch nach dem Unfalltod möglich.

Noch immer raten rückständige Bestatter den Ange- hörigen vom Anblick ihrer Verstorbenen ab.
 
Thanatologen können Verletzungen der Leiche für die Aufbahrung kaschieren.

von Bernd Bruns

Auf den unfallträchtigen Motorrädern fährt der Tod oft als Begleiter mit. Das hier retuschierte Archiv-Foto des Autors entstand im Jahr 2000 auf der Bestatter- fachmesse “Uitvaart” in den Niederlanden.

Dorsten, Okt. 2003 - Nennen wir ihn mal Manfred Mayer, den neunzehnjährigen Motorradfahrer, der kürzlich mit überhöhter Geschwindigkeit aus der Kurve geschleudert wurde und gegen die Leitplanke prallte: Seine Verletzungen waren auf der Stelle tödlich. Seine Freundin Brigitte B. (18), die auf dem Sozius saß, starb bei der vergeblichen Reani- mation des Notarztes ebenfalls noch am Unfallort. “Zweimal Exitus nach VU” (Tod nach Verkehrsunfall), meldet der Streifenwagen vor Ort per Funk lapidar an die Leitstelle. “Wir entsenden unseren Vertrags-Bestatter umgehend zum Unfallort”, quittiert diese den Funkspruch.
Damit beginnt eine amtliche Routine, wie sie tagtäglich allerorten abläuft.

Wenig später trifft der Bestatter Georg Ganser (Name geändert) im Auftrag der Polizei mit seinem Leichen- wagen am Unfallort ein. Beide Leichen werden in Unfallsärge gelegt und für die vorgeschriebenen amtlichen Untersuchungen in das zuständige gerichtsmedizinische Institut gebracht.

Die nächsten Angehörigen werden von den dabei oft überforderten Polizeibeamten vom Unfalltod ihrer Lieben informiert. Diese schwere Aufgabe übernehmen mancherorts auch kirchliche Seelsorger im Auftrag der Polizeibehörde. Der amtliche Umgang mit den Angehörigen ist allerdings nicht selten von Hilflosigkeit und menschlicher Kälte geprägt. Hier der Erfahrungsbericht einer Mutter, die ihre traumatischen Erlebnisse in einem
Gedicht an ihre tödlich verunglückte Tochter verarbeitete.

Nach der Freigabe beider Leichen durch die Gerichtsmedizin stellt sich für ihre Angehörigen das Problem einer würdigen Bestattung. Alle gehen zunächst von der irrigen Annahme aus, diese müßte auch vom amtlich beauftragten “Polizeibestatter” ausgeführt werden. Ganser findet diese verbreitete und gleichwohl falsche Meinung seiner Kunden ganz gut, weil für ihn sehr gewinnträchtig.

Gemeinsam ist auch der Wunsch der Eltern nach einer Aufbahrung ihrer geliebten Verstorbenen für einen letzten Abschied. “Das kann ich nicht genehmigen”, behauptet der Bestatter allen Ernstes. “Der Sarg muß geschlossen bleiben, wegen der Unfallverletzungen”, wehrt Ganser diese Wünsche ab. Und: “Behalten Sie Ihre Kinder ohne diesen letzten Anblick in guter Erinnerung”. Die Eltern von Manfred fügen sich schließlich den Ausführungen des rückständigen “Polizei-Bestatters”, der wie eine autoritäre Respektsperson agiert.

Sie wissen noch nicht, dass sie es später sehr bereuen werden, auf diesen Bestatter gehört zu haben. Denn es ist längst in Fachkreisen eine gesicherte Erkenntnis, dass der letzte
Abschied am offenen Sarg für die Trauerbewältigung der Angehörigen höchst hilfreich ist. Inzwischen versuchen Manfred’s Eltern durch die Hilfe eines Therapeuten die Trauer über den Verlust ihres Sohnes zu bewältigen. Das ist für ihre Krankenkasse nicht billig.

Die Eltern von Brigitte B. mochten sich der Bevormundung des Bestatters nicht beugen. Im Internet brachten sie schnell in Erfahrung, dass der Bestatter ein Dienstleister ist - ohne jede Weisungsbefugnis gegenüber seinen Kunden. Die Eltern, die für ihre verunglückte Tochter das Totensorgerecht ausüben, benötigen keine “Genehmigung” des Bestatters für einen gewünschten Abschied am offenen Sarg. Und nicht nur das: Sie sind auch nicht verpflichtet, den Bestatter, der zunächst im amtlichen Auftrag der Polizei agierte, mit der Bestattung zu beauftragen. Sie können sich einen Bestatter ihres Vertrauens autonom aussuchen. Und das taten sie denn auch: Brigitte’s Eltern wählten zur Betreuung ihrer toten Tochter einen besonders geschulten Bestatter aus dem
“Verband Dienstleistender Thanatologen” (VDT) aus, dessen Mitglieder bundesweit vertreten sind. Thanatologen sind die Spezialisten für die kurzzeitige Konservierung von Verstorbenen und auch für das Kaschieren der Verletzungen von Unfalltoten. Sie realisieren - auch unter widrigen Umständen - die würdige wie heilsame Abschiednahme am offenen Sarg. Ihre Entscheidung haben die verwaisten Eltern nicht bereut.

Schulung von VDT-Mitgliedern auf der “eternity 2003” in Dorsten.
 
postmortal.de besuchte die deutsche Bestatter-Elite.

Nachdem der Kongress “eternity 2002” in Köln primär der Kommunikation mit der Öffentlichkeit diente, stand in diesem Jahr, bei der “eternity 2003” in Dorsten, die Ausbildung der VDT- Bestatter/innen im Vordergrund. In den Tagungs- räumen eines örtlichen Hotels trafen sich am 3. Oktober etwa fünfzig Mitglieder/innen des Verbandes Dienstleistender Thanatologen (VDT) zu einem Schulungsprogramm zur Restauration von Leichen. Darunter ist das Kaschieren von Verletzungen an Verstorbenen und die dann folgende Kosmetik zu verstehen. Ziel ist die ansehliche Präsentation von verletzten Verstor- benen für ihre Aufbahrung, damit die Angehö- rigen sich am offenen Sarg ohne Schock von ihnen verabschieden können.

Seminarleiter Ronald de Schutter, Bestatter und Trauerredner aus Katzweiler, hatte für die Veranstaltung bereits im Vorfeld gut vorgesorgt:
Für alle Teilnehmer/innen brachte er selbst in Serie gegossene Gipsmasken mit, die typische Schußver- letzungen dokumentierten. Zudem zeigten die “Übungstoten” noch die Spuren der in solchen Fällen unerläßlichen Untersuchungen der Gerichtsmedi- ziner. Diese hatten die Kopfhaut im Umfeld der Schußverletzung zu Beweiszwecken bis zum Schädelknochen entfernt und sichergestellt. Solche - und andere - Verletzungen, so die Aufgabe für die Thanatologen, sollten für die “offene Aufbahrung” fachgerecht verborgen werden.

Mit chemisch getränkter Watte, wurde zunächst die “Schußverletzung und die von der Gerichtsmedizin entnommene Kopfhaut des Getöteten” grob restau- riert. Sichtbar sind hier auch weitere Verletzungen im Kopfbereich der “Leiche”: Handwerkliches Geschick und künstlerisches Gespür sind bei der Beseitigung der Spuren gefordert. Dabei werden auch spezielle Wachse und Kosmetika verwendet.

Ein Hersteller stellte für die Schulung der Bestatter /innen die erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung. Der Berichterstatter wähnte sich - angesichts der bereit gestellten vielfältigen Materialien und kosmetischer Mittel - bei den Maskenbildnern während einer aufwendige Filmproduktion. Doch ein schauriges Gefühl des Horrors, mochte sich bei der sachlichen und lockeren Arbeitsatmosphäre der routinierten Thanatologen nicht einstellen.

Zur Homepage des

Bestatterin Anja Schlange aus Bremerhaven: zur Restauration der Augenbrauen eine Haarsträhne geopfert. Schulungsleiter Ronald de Schutter hilft bei der fachgerechten Befestigung der Echthaar- spende auf der Gipsmaske.

Bei ihren Arbeiten zeigen sich die Bestatter/innen des VDT stets aufgeschlossen für die neugierigen Blicke und Fragen außenstehender Berichterstatter. Für die interessierte Öffentlichkeit stehen in diesem seriösen wie fortschrittlichen Bestatterverband traditionell die Türen immer weit und einladend offen. Das ist in der sonst eher abgeschotteten Bestatter- branche die löbliche große Ausnahme.

Bestatterin Alina Silberbach: Ihre Gipsmaske erhielt sie mit blau-grünlicher Einfärbung um eine fortgeschrittene Verwesung der Leiche anzudeuten. Mit einem Spezial-Farbspray bekommt der “Tote”, nach dem Kaschieren der Verletzungen,  für die offene Aufbarung eine normale Hautfarbe zurück.

Nur bei den Kosten für diese Behandlung können sich die Bestatter aus guten Gründen nicht konkret festlegen. So unterschiedlich wie die Verletzungen ist auch der Aufwand für ihre künstlerische Kosmetik. Wie VDT-Pressesprecher und Bestatter Johannes Lenert aus Dorsten postmortal.de erläuterte, erfolgt eine faire Berechnung der Kosten nach dem bisweilen beträchtlichen Zeitaufwand. So erinnert sich ein VDT- Bestatter an seine von ihm in zwei Arbeitstagen realisierte Aufgabe, den beim Suizid von einer Lok abgetrennten Kopf eines Jugendlichen für den letzten Abschied seiner fassungslosen Eltern wieder ansehlich mit seinem Rumpf zu verbinden und zu restaurieren: eine für den Bestatter erhebliche psychische Belastung geriet schließlich zur thanatologischen Meisterleistung, wie sich der Berichterstatter durch Fotos überzeugen konnte.

An langen Tischen trainieren die Thanatologen die restaurative Beseitigung von Kopfverletzungen der Verstorbenen: Realisierung des letzten Abschiedes der Angehörigen von ihren geliebten Toten.

Präsentation der Ergebnisse eines lehrreichen Tages.



 

 

 

 

 

 

Weitere Informationen

Bianca und Peter Kolling (Vater und Tochter) aus Vettelschoß: Die Restauration von verunglückten Verstorbenen, mit ihren oft schweren Verletzungen, erfordert fundiertes Fachwissen, handwerkliches Können, Kreativität und künstlerische Ambitionen.


Der Thanatologe - Wegbereiter für die heilsame Trauerarbeit
 
Von Hans-Harald Stokkelaar

Im Mittelpunkt einer jeden Trauerbewältigung stehen die bewußte Wahrnehmung des erlittenen Verlustes. Trauerbegleiter und Therapeuten sind sich darüber einig, dass eine Auseinandersetzung mit dem Tod
Weitere Informationen

Wolfgang Paßmann, Vorsitzen- der des VDT e.V., Münster

notwendig ist, damit die Bewältigung der Trauer erfolgen kann. Durch eine Aufbahrung mittels eines verschlossenen Sarges, werden die zur Wahrnehmung des Todes und der Bewältigung der Trauer notwendigen Funktionen lahmgelegt und ihre Wirkung außer Kraft gesetzt.

Eine derartige Vorgehensweise ist den Trauernden wenig hilfreich. Im Gegenteil, wir fügen den Hinterbliebenen möglicherweise seelisches Leid zu und das um so mehr, je sensibler und empfindsamer ein trauernder Mensch veranlagt ist. Wie kann der Thanatologe dem Bestatter helfen, damit dieser im Umgang mit dem Verstorbenen den Grundstock für die Trauerarbeit legen kann?

Die Arbeit des Thanatologen

Durch die präventive Behandlung des Verstorbenen nach traditionellen und modernen Erkenntnissen ist eine offene Aufbahrung, ohne eine Beeinträchtigung für Angehörige, Geistliche, Trauerredner oder Friedhofspersonal fast immer über einen längeren Zeitraum möglich.

Während des Lebens verhindern die natürlichen Abwehrkräfte des Menschen die Ausbreitung von Mikroorganismen im Körper. Nach dem Tode überleben diese Mikroorganismen, vermehren sich und verursachen eine Veränderung des Leichnams, die zu den unangenehmen Begleiterscheinungen führt. Diese machen eine offene Aufbahrung bei ungünstigen Vorraussetzungen unmöglich.

Durch die Injektion einer präventiven Flüssigkeit in das Arteriensystem, die nicht nur bakterientötend wirkt, sondern außerdem ein aseptisches Milieu schafft, wird bewirkt, dass die Begleiterscheinungen nicht auftreten. Eine offene Aufbahrung ist bis zum Bestattungstag auch über einen längeren Zeitraum ohne Einschränkung möglich.

Diese moderne Behandlungsmethode macht ein Entfernen der inneren Organe nicht notwendig. Mit der präventiven Behandlung wird nicht beabsichtigt, den Leichnam für die Ewigkeit zu konservieren, sondern ihn bis zur Bestattung in einer dem Verstorbenen würdigen Weise zu bewahren.

Warum die Arbeit des Thanatologen?

Die Auseinandersetzung mit dem Tod, in der heutigen Gesellschaft weitgehend verdrängt, wird durch den Anblick einer dem Menschen würdigen Aufbahrung wertvoller. Bestattungen werden nicht zur Entsorgung herabgewürdigt, Tradition und Kultur bleiben erhalten.Die Arbeit des Thanatologen hilft hier dem Bestatter, den Veränderungen in unserer Gesellschaft, in Bezug auf Bestattungen gerecht zu werden.

Bestattungen finden in der heutigen Zeit oftmals nicht mehr innerhalb weniger Tage nach dem Tod statt, da Familien nicht mehr zusammen in einem Ort wohnen. Auch durch die Mobilität unserer Gesellschaft müssen ÜberfŸhrungen über eine längere Distanz stattfinden. Die Kenntnisse und Fertigkeiten des Thanatologen ermöglichen es dem Bestatter, Terminplanungen für Beisetzungen, sowie die Wünsche der Angehörigen zu berücksichtigen, zur Wahrnehmung einer Tradition und dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen.

Die Mitwirkung des Verbandes

Die Aus- und Weiterbildung der Thanatologen durch den Verband Dienstleistender Thanatologen gibt dem Bestatter die Sicherheit, dass die angewandte Technik, die dem internationalen Standard entspricht, auf dem höchsten Niveau erfolgt.

Kontakt:
VDT - VERBAND DIENSTLEISTENDER THANATOLOGEN e.V.
Coerdestraße 44   48147 Münster
Tel.: 0251-9278433    Fax.: 0251-25045
Internet:
www.thanatologen.de
E-mail: 
vdt@thanatologen.de

Text und Fotos: Bernd Bruns

Bisweilen können Bestatter auch spaßig sein.
Wie anders könnten sie das Leben im Umfeld des Todes und permanenter Trauer sonst ertragen: Hier “restauriert” Schulungsleiter Ronald de Schutter abschließend seinen Bestatterkollegen Wolfgang Averbeck aus dem westfälischen Münster.

Zum Abschluss: Ein Gruppenbild mit Damen zur Erinnerung an den ersten Tag der “eternity 2003”.
Unten, zweiter von links, der “ZEIT”-Journalist Urs Willmann, der jetzt an einer Dokumentation arbeitet.


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